1. Wie (un-)wichtig ist das Anschreiben? Ein Vergleich

Wie (un-)wichtig ist das Anschreiben? Ein Vergleich

Denise Hoferichter
•  Update:

Wir in den Medien:

Anschreiben gehören seit jeher zu den klassischen Bestandteilen einer Bewerbung. Doch wie sieht es heute aus? Braucht man ein Bewerbungsschreiben tatsächlich noch - und wenn ja, in welchem Bereich? Wer schreibt sie noch?

Unsere Analyse von 835.000 Personen, die unseren Builder für ihre Bewerbungsunterlagen genutzt haben, zeigt interessante Trends und Unterschiede, die von Berufsfeld, Erfahrung und persönlichen Vorlieben abhängen. In diesem Artikel werfen wir einen genauen Blick darauf, wie wichtig Anschreiben noch sind und ob sie an Bedeutung verlieren.

Die Bedeutung von Bewerbungsschreiben in Deutschland

In Deutschland ist das Bewerbungsschreiben traditionell ein zentraler Bestandteil des Bewerbungsprozesses. Es ermöglicht Bewerbern, ihre Motivation und Eignung für eine Position darzulegen und sich von anderen Kandidaten abzuheben. Ein gutes Anschreiben vermittelt einen ersten Eindruck und kann entscheidend für den Erfolg oder Misserfolg einer Bewerbung sein.

Eine Studie des Centre of Human Resources Information Systems (CHRIS) der Universität Bamberg zeigt, dass 79,1 % der Top-1.000-Unternehmen in Deutschland das Anschreiben derzeit als wichtig erachten. Dieser Wert könnte jedoch in Zukunft auf etwa 60 % sinken, was auf eine abnehmende Bedeutung des Anschreibens hindeutet.

Unsere Karriere-Expertin Daria Tecza hat hier ähnliche Erfahrungen gemacht: 

„Das Anschreiben ist nach wie vor ein wichtiges Werkzeug, um Persönlichkeit und Motivation zu vermitteln – vor allem in traditionellen Branchen. Allerdings beobachte ich, dass viele Unternehmen zunehmend pragmatische Bewerbungsprozesse bevorzugen, bei denen der Fokus auf dem Lebenslauf liegt. Für Bewerber bedeutet das, dass sie ihr Anschreiben gezielt einsetzen sollten: Wo es gefordert wird, kann es den entscheidenden Unterschied machen. Wo es optional ist, sollte man die Relevanz im jeweiligen Kontext abwägen.“
Daria Tecza
Leitende Spezalistin für Talentakquise

Überblick: So viele Nutzer erstellen ein Anschreiben zusammen mit ihrem Lebenslauf

Ein Blick auf die Zahlen zeigt, dass 37.320 Nutzer, die einen Lebenslauf mit unserem Builder erstellt haben, auch ein Anschreiben dazu verfassten. Anders ausgedrückt: Gerade einmal 5,11 % der Bewerber erstellten neben ihrem Lebenslauf auch ein Bewerbungsanschreiben. Diese Zahl gibt erste Hinweise darauf, wie relevant der „Bewerbungsschreck Anschreiben“ heute noch wahrgenommen werden - anscheinend nicht allzu sehr.

Und was sagt der internationale Vergleich? So viele Nutzer und Nutzerinnen haben in anderen Ländern neben ihrem Lebenslauf auch ein Anschreiben erstellt:

  • Polen: 11.498 User (1,49 %)
  • United Kingdom: 68.618 User (1,22 %)
  • Spanien: 6.553 User (0,38 %)
  • Italien: 5.706 User (0,56%)
  • Frankreich: 4.235 User (1,21 %)

erstellte Anschreiben im intenationalen Vergleich

Ein Blick auf die Daten aus anderen Ländern zeigt, dass Anschreiben international sogar noch weniger genutzt werden. Im Vergleich zu diesen Ländern nimmt das Anschreiben in Deutschland mit 5,11 % eine deutlich stärkere Stellung ein, auch wenn die absolute Zahl niedrig bleibt. 

Dies könnte an der traditionell formaleren deutschen Bewerbungskultur liegen, die auf detaillierten Unterlagen aufbaut. Dennoch ist der Rückgang in der Nutzung auch hier ein Hinweis auf den wachsenden Trend zu vereinfachten Bewerbungsprozessen und den Fokus auf den Lebenslauf als zentralen Bestandteil.

Bei welchen Berufsgruppen ein Bewerbungsschreiben wichtig ist – und bei welchen nicht

Die Häufigkeit, mit der Bewerber ein Anschreiben erstellen, variiert stark je nach Berufsgruppe. Unsere Analyse zeigt klare Unterschiede zwischen Berufen, die traditionell auf formelle Bewerbungsunterlagen setzen, und solchen, in denen ein Anschreiben weniger relevant ist.

Für diese Jobs werden die häufigsten Bewerbungsschreiben erstellt:

  • Büroangestellte
  • Verkäufer /-innen
  • Manager für Unternehmensdienstleistungen und Verwaltung
  • Lehrkräfte
  • Kellner und Barkeeper

Und diese Berufsgruppen erstellen die wenigsten Anschreiben:

  • Fischerei- und Jagdarbeiter
  • Schiffsdeckpersonal und Hilfskräfte
  • Berufe in der Holzverarbeitung und Papierherstellung
  • Arbeiter in der Tierhaltung und -produktion
  • Arbeiter im Bergbau

Die Daten verdeutlichen, dass Anschreiben vor allem in Berufen mit hohem Kommunikationsanteil, Kundenkontakt oder Führungsverantwortung relevant sind. Dagegen spielen sie in praktischen oder handwerklich geprägten Tätigkeiten eine geringere Rolle. 

Bewerber sollten daher den Bedarf an einem Anschreiben genau prüfen und ihre Bewerbung an die Erwartungen der jeweiligen Branche anpassen. Ein gezielt eingesetztes Anschreiben kann nach wie vor den Unterschied ausmachen – insbesondere in Berufen, in denen es als Standard gilt.

Dem stimmt Daria Tecza aus Erfahrung zu:

„Ein Anschreiben ist in bestimmten Berufen nach wie vor ein starkes Instrument, um sich von der Masse abzuheben. Gerade in administrativen oder kundenorientierten Tätigkeiten hilft es, die persönliche Motivation und individuelle Stärken hervorzuheben – Aspekte, die im Lebenslauf oft keinen Raum finden. Allerdings beobachte ich in handwerklichen und technischen Berufen einen klaren Trend weg vom Anschreiben. Hier zählen praktische Fähigkeiten und Zertifikate mehr als Worte. Bewerber sollten sich daher gut informieren, ob ein Anschreiben in ihrem angestrebten Berufsfeld wirklich notwendig ist."
Daria Tecza
Leitende Spezalistin für Talentakquise

Unterschiede je nach Erfahrungslevel: Wann lohnt sich ein Anschreiben?

Unsere Daten zeigen, dass Bewerber mit geringerer Berufserfahrung häufiger ein Anschreiben verfassen. Die meisten Anschreiben (2.305) werden von Menschen ohne jegliche Berufserfahrung geschrieben. Insbesondere Berufseinsteiger, Absolventen oder Personen mit nur wenigen Jahren im Arbeitsleben greifen häufiger zu diesem Mittel, um ihre Motivation und Soft Skills zu betonen. 

Da sie oft weniger Berufserfahrung in ihrem Lebenslauf vorweisen können, dient das Anschreiben als Ergänzung, um Arbeitgeber von ihrer Eignung zu überzeugen und fehlende praktische Erfahrungen auszugleichen. 

wann wird das anschreiben gebraucht


Erfahrene Fachkräfte hingegen verzichten häufiger auf ein Anschreiben, da ihre beruflichen Stationen und Erfolge im Lebenslauf oft für sich sprechen und sie sich stärker auf Netzwerke und Empfehlungen verlassen. Menschen mit mehr als 20 Jahren Berufserfahrung schreiben kaum noch ein Anschreiben.

Fazit

Die Bedeutung des Anschreibens ist stark vom Berufsfeld, der Erfahrungsebene und den regionalen Gepflogenheiten abhängig. Während es in Deutschland mit einer Quote von 5,11 % häufiger genutzt wird als in anderen Ländern, bleibt es dennoch ein Element, das an Relevanz verliert. Besonders in Berufen mit starkem Kundenkontakt, Führungsverantwortung oder hoher Formalität bleibt das Anschreiben ein wichtiger Bestandteil der Bewerbung. Dagegen wird es in praktischen, handwerklichen oder technisch orientierten Berufen, etwa in der Holzverarbeitung oder Tierproduktion, immer seltener genutzt.

Berufseinsteiger und weniger erfahrene Bewerber setzen tendenziell häufiger auf ein Anschreiben, um fehlende Berufserfahrung zu kompensieren und ihre Motivation zu verdeutlichen. Erfahrene Fachkräfte und Spezialisten verzichten hingegen oft darauf und lassen ihren Lebenslauf für sich sprechen.

Der Trend zeigt eindeutig, dass das Anschreiben nicht mehr in jeder Bewerbung als Pflichtdokument angesehen wird. Dennoch bietet es gerade in Berufen, bei denen individuelle Stärken und Motivationen herausgestellt werden müssen, weiterhin einen entscheidenden Mehrwert. Bewerber sollten sich daher bewusst machen, ob und in welchem Umfang ein Anschreiben in ihrem Berufsfeld relevant ist, und es gezielt einsetzen, um sich von der Konkurrenz abzuheben. 

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Quellen 

Über den Autor

Denise Hoferichter
Denise Hoferichter

Denise Hoferichter ist Autorin und Karriere-Expertin. Ihre Leidenschaft, Arbeitssuchenden dabei zu helfen, den idealen Job zu finden, führt sie dazu, prägnante, leicht verständliche und auf aktuellen Fakten basierte Artikel über das Schreiben von Lebensläufen zu verfassen. Mit einem Masterabschluss in Sprachwissenschaft widmet sich Denise der Bereitstellung sachlich korrekter Informationen, du auf den neuesten Studien basieren und führt ihre Leser auf LiveCareer dazu, die genauen Bedürfnisse von Personalverantwortlichen nach den redaktionellen Leitlinien von LiveCareer zu verstehen.

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